Stimmen aus dem Neuland: Bernd Servos

Bernd Servos in einer Straße in Bürgewald

Bernd Servos hat schon immer in Morschenich gelebt – zunächst im alten Dorf und jetzt im neuen Morschenich. Seine tiefe Verbundenheit zu Bürgewald, wie Morschenich-Alt inzwischen heißt, hat ihn dazu motiviert, den Wandel des einstigen Tagebaudorfs mit der Kamera zu dokumentieren. Im Interview berichtet er von seinen Plänen für sein ehemaliges Wohnhaus und seinen Hoffnungen für den Ort der Zukunft.

Kastanienbaum in Bürgewald mit Schnee

Morschenich ist für mich mehr als nur ein Wohnort. Ich sehe mich selbst als so etwas wie einen Ureinwohner. Meine Familie hat seit vielen Generationen in Morschenich-Alt gelebt, ich selbst bin hier in die Kita gegangen, war Messdiener und Schütze. Ich habe nie woanders gewohnt, die letzten 20 Jahre im Haus meiner Großmutter, bevor ich mit meiner Frau 2017 nach Morschenich-Neu umgesiedelt bin. Ich bin mit dem Ort tief verwurzelt und kenne hier jeden Stein. 

Das Thema Umsiedlung war immer präsent. Vielleicht war das meine Motivation, den Wandel fotografisch festzuhalten. Wer hier gelebt hat, konnte – anfangs zunächst nur im Wald – zusehen, wie die Bagger immer näher kamen. Bereits 2004, als Etzweiler dem Tagebau weichen musste, habe ich angefangen, das Verschwinden des Waldes zu dokumentieren. Ein besonderes Motiv ist für mich das Wegkreuz unter dem Kastanienbaum, das ich über Jahre hinweg immer wieder fotografiert habe und das für mich ein Symbol für den Wandel des Ortes ist. Die Bilder hängen heute als Kollage in einem Privathaus in Morschenich. Auch das Wegkreuz selbst hat inzwischen dort einen neuen Platz. 

Wegkreuz in Morschenich-Neu im Schnee

Die Umsiedlung hat Spuren hinterlassen. Seit meinem Umzug ins neue Morschenich tue ich mich schwer mit dem Begriff Heimat. Auch dass Morschenich-Alt nun Bürgewald heißt fühlt sich für mich seltsam an, obwohl der Name sehr passend ist – für mich bleibt es gefühlsmäßig Morschenich. Mit meiner Arbeit möchte ich an die Vergangenheit des Ortes erinnern. Diese Erinnerungen sind nicht nur persönlicher Natur, sie haben auch eine Bedeutung für die gesamte Region. Leider habe ich oft das Gefühl, dass sich viele Menschen – besonders die Umgesiedelten – nur ungern mit diesem Kapitel auseinandersetzen. Sie möchten es lieber hinter sich lassen. Deshalb halte ich es für wichtig, die ehemaligen Bewohner und Bewohnerinnen bei der Entwicklung von Bürgewald aktiv einzubeziehen. 

Ein Ort voller Möglichkeiten. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Bürgewald wieder ein lebendiger Ort wird, seinen Charakter aber bewahrt. Mein Traum wäre, mein altes Haus zurückzukaufen und es zu einem Kunst- und Kulturzentrum umzubauen. Es könnte ein Treffpunkt werden, an dem die Geschichte des Ortes in einer festen Ausstellung erzählt wird. Darüber hinaus könnte mein Haus Raum für ein Begegnungscafé bieten sowie Veranstaltungsräume für Vorträge oder Workshops – ein Ort, der das kulturelle Leben bereichert und die Menschen zusammenbringt. 

Am 15. und 16. März 2025 veranstaltet die Gemeinde Merzenich die zweiten „Morschenicher Kunst- und Kulturtage“ in der alten Kita von Bürgewald. Bernd Servos wird in diesem Rahmen neue Fotos aus Bürgewald sowie einen Diavortrag über die Entstehung von Morschenich-Neu präsentieren, in dem heute rund 350 frühere Bewohner:innen des alten Ortes leben. Ab Mai gibt es eine Fotoausstellung von Bernd Servos im Rathaus der Gemeinde Merzenich.

Wegkreuz mit Kastanienbäumen in Bürgewald

Kirche in Morschenich im Schnee

alte Kirche in Bürgewald mit Schnee