Stimmen aus dem Neuland: Elmar Kampkötter

Landschaft am Tagebau Hambach

Elmar Kampkötter leitet die Abteilung Rekultivierung bei RWE und kümmert sich mit seinem Team um die land- und forstwirtschaftliche Wiedernutzbarmachung im Rheinischen Braunkohlenrevier. Der Diplom-Forstwissenschaftler mit Erfahrungen in Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Osteuropa war von 2016 bis 2021 als Revierförster u.a. auch für den Hambacher Forst verantwortlich.

Elmar Kampkötter

Vom Hochsauerland ins Rheinische Revier. Ich bin Förster in dritter Generation. Schon mein Großvater und mein Onkel waren Förster. Seit 2008 arbeite ich für RWE und seit 2015 in der Rekultivierung der durch den Tagebau beanspruchten Landschaft. Ich bin also so etwas wie ein Rekultivierungsförster – mit allen Herausforderungen, die damit verbunden sind. Als Sauerländer hat man mir seinerzeit wohl das nötige Durchhaltevermögen und eine entsprechende Stressresistenz zugetraut, als ich im Jahr 2016 den Job als Revierförster im Hambacher Forst übernommen habe, denn die braucht man. Und natürlich ein tolles Team wie wir es haben. Aktuell sind wir in Stetternich, wo wir uns um die forstliche Rekultivierung kümmern, und der landwirtschaftlichen Abteilung in Jüchen 19 Festangestellte und zehn Auszubildende.

 

Verantwortung für insgesamt 5.450 Hektar. Zu unserem Einsatzgebiet gehören die drei großen Tagebaue im Rheinischen Revier, insgesamt 3.800 Hektar forstliche und 1.650 Hektar landwirtschaftliche Fläche. Während der Schwerpunkt in Inden und Garzweiler auf dem landwirtschaftlichen Bereich liegt, steht am Tagebau Hambach die forstwirtschaftliche Rekultivierung im Fokus. Dazu zählen rund 1.600 Hektar Rekultivierung auf der Sophienhöhe sowie die Altwälder wie der Hambacher Forst, der Lindenberger Altwald, der Merzenicher Erbwald und die Steinheide. Unsere Rekultivierungsaufgabe hört aber mit der Pflanzung von Bäumen oder neuen Ackerflächen nicht auf: Durch das Anlegen von Waldinnen- und Außenrändern beispielsweise stabilisieren und schützen wir den Wald. Auch Biotopflächen wie verschiedene Wasserflächen, naturnahe Wiesenbereiche oder offene Sand- und Kiesflächen tragen dazu bei, funktionierende und nachhaltige Landschaften entstehen zu lassen, die sowohl den Ansprüchen von Erholungssuchenden, des Naturschutzes und den Interessen der Landnutzer gerecht werden.

 

Die Rekultivierung ist die Visitenkarte des Bergmanns. Als Förster habe ich gelernt, über Jahrzehnte vorauszudenken. Wenn 2029 die Braunkohleförderung endet, werden wir noch lange Jahre beschäftigt sein, um eine hochwertige Rekultivierung zu übergeben. Bis wir um 2034 die letzte großflächige Rekultivierung abgeschlossen haben, stehen noch etwa 1.000 Hektar Waldkultivierung allein im Tagebau Hambach aus. Am Ende werden wir mehr als 15 Millionen Bäume gepflanzt haben. Um leistungsstarke und gesunde Wälder zu haben, setzen wir in der Rekultivierung grundsätzlich auf die Begründung von artenreichen Mischwäldern aus standortsangepassten heimischen Baumarten wie Stieleiche, Traubeneiche oder Rotbuche im Mix mit Hainbuche oder Wildkirsche. Dabei orientieren wir uns am Waldbaukonzept des Landes NRW und begrenzen den Anteil der Nadelhölzer auf maximal zehn Prozent. Insgesamt finden sich über 30 verschiedene Baumarten auf unseren Waldflächen.

 

Wälder müssen klimastabil werden. Unsere dringendste Aufgabe der nächsten Jahre wird darin bestehen, die Stabilität der Altwälder weiter zu fördern. Vor allem die ältesten Bäume, und hier vor allem die Bäume an den Rändern, leiden in den Sommermonaten unter der Trockenheit. Dazu kommen die ohnehin schwierigen Bodenvoraussetzungen. Wir haben es hier mit Stauwasserböden, den sogenannten Pseudogleyen, zu tun, die wegen einer wasserundurchlässigen Schicht im Unterboden durch den Wechsel von starker Staunässe und relativer Austrocknung geprägt sind. Bäume auf solchen Böden müssen sich ausschließlich mit Regenwasser versorgen. Wenn das fehlt, haben es vor allem Buchen schwer, die Stieleiche kommt schon besser damit zurecht. Und wie überall in Deutschland macht uns auch der zunehmende Schädlingsbefall Sorgen.

 

Wälder für Menschen erlebbar machen. Als komplexes Ökosystem übernimmt ein gesunder Wald gleich mehrere wichtige Aufgaben: Die Schutzfunktion für Boden, Wasser, Natur und Arten, aber auch die soziale Funktion als Erholungsort für Menschen und die Nutzfunktion für die Forstwirtschaft. Leider erlebe ich hier immer noch Widerstand. Mein größter Wunsch für die Zukunft im NEULAND HAMBACH ist daher, dass diese Funktionen zusammengedacht und zusammengebracht werden. Als ein auf naturnahe Forstwirtschaft spezialisierter Forstwissenschaftler, sehe ich den größten Gesamtnutzen für die Region und die dort lebenden Menschen in einer multifunktionalen und integrativen Landnutzung. Ein „sowohl als auch“ ist im Spannungsfeld Landnutzung, Naturschutz und Naturgenuss möglich und verspricht langfristig Erfolg, verlangt aber Kompromissbereitschaft von allen Beteiligten.