Zehn Fragen an NEULAND HAMBACH Geschäftsführer Boris Linden

NEULAND HAMBACH Geschäftsführer Boris Linden

Im NEULAND HAMBACH werden 45 Jahre nach dem Aufschluss des Tagebaus wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Mit dem Rahmen­plan Hambach präsentiert die NEULAND HAMBACH GmbH ihre Raumstrategie für die Inwertsetzung des größten Lockergesteinstagebaus der Welt. Im Interview spricht Geschäftsführer Boris Linden über aktuelle Pläne, besondere Herausforderungen dieser Jahrhundertaufgabe und die Chancen für die Region.

 

Ende des Jahre steht der Rahmen­plan Hambach. Sagen Sie uns in fünf Sätzen, wie das NEULAND HAMBACH aussehen soll?

In den vergangenen 45 Jahren hat der Tagebau wie eine Raumbarriere gewirkt: Wichtige Verbindungen wurden gekappt und die Stadtentwicklung der umliegenden Ortschaften führte weg vom Tagebau. Das wird sich jetzt umkehren. Der See und sein Umfeld, also das NEULAND, können zu einer neuen Mitte der sechs Tagebauanrainer werden. Bei dieser Entwicklung werden die topografischen Besonderheiten des NEULAND HAMBACH mit der Sophienhöhe, den Wäldern rings um den Tagebau und natürlich die Aussicht auf urbanes Leben am Wasser ein besonderes Augenmerk erfahren.

Welche Entwicklungen der letzten Jahre haben Ihre Arbeit besonders geprägt?

Die NEULAND HAMBACH wurde erst vor drei Jahren gegründet. Seitdem gab es zwei Leitent­scheidungen und drei Braunkohlenpläne wurden auf den Weg gebracht – für den Tagebau, die Rheinwasser­transport­leitung und den Seeablauf zur Erft. Gleichzeitig befindet sich der Regional­plan Köln in der Neuaufstellung. Diese Dynamik bestimmt unsere Arbeit. Gemeinsam mit unseren Gesellschaftern haben wir eigene Zielbilder abgestimmt und detailliert ausgearbeitet. So können wir die vielen gleichzeitigen Planungsprozesse maßgeblich prägen.

Das Jahr 2070 liegt in weiter Zukunft, viele von uns werden es nicht mehr erleben. Was passiert hier in den nächsten Jahren?

Das Jahr 2070 ist nur eines unserer Zielbilder im Rahmen­plan. Wie das NEULAND dann wirklich aussehen wird, daran werden noch viele Generation mitwirken können. Uns interessieren tatsächlich viel mehr die nächsten beiden Jahrzehnte und die Frage, wie wir das Tagebauumfeld heute schon qualifizieren und Zwi­schen­nutz­ungen in der Seeböschung während der Befüllzeit ermöglichen können.

Wo wird der Wandel im NEULAND HAMBACH als erstes sichtbar?

In den letzten Jahren ist auf der Sophienhöhe bereits eine phantastische Rekultivierung und Artenvielfalt entstanden. Unterhalb der Sophienhöhe entstehen derzeit die ersten großflächigen Photovoltaikanlagen im Tagebau – sie geben bereits einen Vorgeschmack auf das, was wir im Bereich der Erneuerbaren noch vorhaben.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen Ihrer Arbeit?

Bislang waren weder das Planungsrecht noch das Fördersystem adäquat auf die Zielbilder des Struktur­wandels eingestellt. Zurzeit aber gibt es einige Bemühungen, das umzustellen.

Und wo liegen die größten Chancen?

In den Potenzialen, die der Raum bietet. Die Aussicht von der Sophienhöhe, acht Kilometer Uferbereich in Elsdorf, die Nachnutzung der denkmalgeschützten Kirche in Manheim-Alt, die Wiederbelebung von Morschenich-Alt als Ort der Zukunft sowie die Neuprofilierung der heutigen Tagesanlagen als 120 Hektar großes und zusammenhängendes Entwicklungsgebiet.

Ihre Gesellschaft besteht seit drei Jahren. Was war Ihr Highlight?

Highlights sind immer die Veranstaltungen, in denen wir die Lust auf Zukunft spüren. Zum Beispiel bei den Bürgerwerkstätten zum Rahmen­plan Hambach. Als es in Titz um die Sophienhöhe ging, platzte der Ratssaal aus allen Nähten. In Niederzier haben wir mit mehr als 130 Menschen über den Rahmen­plan gesprochen. Und in der Woche der Temporären Universität Hambach in Morschenich-Alt haben 700 Besuchende an den fast 80 Veranstaltungen teilgenommen.

Wie wird sich die Landschaft im NEULAND HAMBACH verändern?

Auf spektakuläre Weise. In Hambach entsteht der größte künstliche See Europas. Spannend ist aber insbesondere der Prozess der Landschaftsveränderung über mehrere Jahrzehnte. Die Sukzession im Böschungssystem, die Vernetzung von Wäldern und das Entstehen von sehr unterschiedlichen Sonderbiotopen. Wir wollen beispielsweise gemeinsam mit der Landwirtschaft und den Umweltverbänden ein Großbeweidungsprojekt ermöglichen, das eine ganz eigene Anmutung in der Region entwickeln wird.

Es gibt immer wieder kritische Stimmen, die den Struktur­wandel als Ganzes in Frage stellen? Was antworten Sie diesen?

Die Entscheidung für den vorgezogenen Kohle­ausstieg ist getroffen. Auf der Grundlage dieses gesamtgesellschaftlichen Konsenses arbeiten wir. Die Kritik an zu langsamen und überbürokratischen Prozessen ist zutreffend. Diese teilen wir, aber zugleich versuchen wir uns konstruktiv und mit Verbesserungsvorschlägen einzubringen. Alles in allem müssen wir dafür werben, den räumlichen Wandel im Rheinischen Revier als Chance zu begreifen, um eine neue Lebensqualität zu schaffen.

Was wünschen Sie sich für das NEULAND HAMBACH?

Es werden die drei Tagebauumfelder sein, anhand derer nachkommende Generationen bewerten, ob der Struktur­wandel gelungen ist oder nicht. Wir sind uns dieser Verantwortung bewusst und wünschen uns daher vor allem, dass wir die Einigkeit im Raum beibehalten können.